Als Ende August die Nachricht kam, dass die Stadt Münster die Gebühren für die Kinderbetreuung erhöhen will, gingen Eltern auf die Barrikaden. Die Betreuung wird immer unzuverlässiger, die Corona-Zeit hat Familien alles abverlangt und in Münster ist es nach wie vor unsicher, ob man überhaupt einen Betreuungsplatz bekommt. Keine guten Argumente, um nun auch noch die Kita-Gebühren zu erhöhen, zumal durchsickerte, dass die Mehreinnahmen wohl auch dem Stadthaushalt insgesamt zugute kommen sollen.
Aber wie kann es denn eigentlich gelingen, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen?
Hauptfach: Jonglieren
Fest steht: Es braucht sehr viel Liebe, Engagement, Durchhaltevermögen und Organisation, um Familie und Beruf erfolgreich zu vereinen. Eine immer komplexer werdende Arbeitswelt und der wachsende Anspruch an die Erziehung unsere Kinder sind eine echte Herausforderung und bedeuten ein Jonglieren zwischen beruflichen Verpflichtungen, Hausarbeit, Kindererziehung und Betreuung. Und weil heute sowohl Mütter als auch Väter berufstätig sind, haben sich die Herausforderungen in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Während früher oft ein Elternteil zu Hause blieb und sich primär um die Kinder kümmerte, ist es heute normal, dass beide Elternteile arbeiten. Damit verbunden sind auch neue Anforderungen an Flexibilität und Effizienz in der Familienorganisation.
Ein gesellschaftliches Thema
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist längst nicht mehr nur ein individuelles Problem der Eltern, sondern ein gesellschaftliches Thema. Viele Länder haben erkannt, dass die Unterstützung von berufstätigen Eltern nicht nur deren Lebensqualität verbessert, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
In Deutschland gibt es bereits verschiedene Ansätze, um Eltern zu unterstützen, wie z.B. das Elterngeld, die Elternzeit sowie ein zunehmendes Angebot an Ganztagsschulen und flexiblen Arbeitszeitmodellen. Dennoch gibt es weiterhin große Defizite und regionale Unterschiede, denn die Kosten für die Kinderbetreuung werden von den Kommunen festgesetzt.
Auch im Münsterland übersteigt der Bedarf der Eltern weiterhin das Angebot. Die Folge: Überfüllte Kitas, lange Wartezeiten auf Betreuungsplätze in Kitas ebenso wie im OGS-Bereich, ein Mangel an Teilzeitangeboten, zu wenig Fachpersonal sowie Notbetreuung oder Komplettausfall der Betreuungszeiten bei gleichzeitig steigenden Kosten für die Kinderbetreuung und das Mittagessen in den Einrichtungen. Nicht wenige Eltern stellen sich die Frage, ob sich die Ausübung des Berufs überhaupt finanziell lohnt, wenn das erwirtschaftete Gehalt fast ausschließlich zur Deckung der Kinderbetreuung benötigt wird. Gleichzeitig bieten Bundesländer wie Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen bereits beitragsfreie Kitas an.
Hier sind Politik und Gesellschaft dringend gefordert, weitere Unterstützungsmöglichkeiten bzw. ein einheitliches Modell anzubieten. Mehr Investitionen in Bildung und Betreuungseinrichtungen, die Förderung familienfreundlicher Arbeitsmodelle sowie eine bessere Vereinbarkeit von Elternzeit und beruflichem Wiedereinstieg sind zentrale Stellschrauben.
So steht es eigentlich auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung unter Ministerpräsident Hendrik Wüst. Ein beitragsfreies 3. Kitajahr ist längst nicht in allen Kommunen des Münsterlands selbstverständlich und auch das Mittagessen kostet noch immer Geld.
Natürlich kann die Politik nicht alles regeln, denn es gibt auch Kritik an den politischen Ideen: Der Deutsche Kitaverband sieht zum Beispiel die pauschale Streichung von Gebühren für das 3. Kitajahr eher kritisch. Sein Argument: Damit spart man auf Dauer die Einrichtungen kaputt, denn es fehlen wichtige Gelder für Personal und bessere Ausstattung.
Es bleibt also weiter kompliziert und sicher lassen sich Probleme wie Personalmangel, Ausfallzeiten und höhere Gebühren nicht einfach so lösen. Aber heißt das, dass es nicht besser werden kann?
Wie geht’s besser?
Ein Blick nach Skandinavien zeigt, es funktioniert auch anders. Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland bieten stark subventionierte Kitas an. In Schweden beispielsweise zahlen Eltern maximal etwa
3 % ihres Einkommens, und es gibt eine Höchstgrenze für Gebühren, die bei etwa 150 Euro pro Kind liegt. Es gibt großzügige Elternzeiten, die zwischen 12 und 18 Monaten pro Kind betragen. In Norwegen und Schweden erhalten Eltern während dieser Zeit bis zu 80–100 % ihres Einkommens.
Die Arbeitskultur ist stark auf Flexibilität ausgerichtet. Es ist normal, dass Arbeitnehmer*innen flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice haben. Vom Vorschulalter bis zum Schulabschluss bieten die skandinavischen Länder ganztägige und kostengünstige Betreuungsangebote an.
Es wird stark in gut ausgebildetes Personal für Kinderbetreuungseinrichtungen investiert. Durch bessere Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung wird eine hohe Betreuungsqualität sichergestellt, ohne die Eltern mit zusätzlichen Kosten zu belasten. Familienfreundlichkeit ist tief in der Gesellschaft verankert. Es gibt viele staatliche Hilfen wie Kindergeld, Zuschüsse und Steuererleichterungen, die Familien finanziell entlasten und gleichzeitig eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung sichern.
Und nun: Die Situation ist in Münster und dem Münsterland derzeit noch wie sie ist. Manches hat sich verbessert, vieles muss sich noch ändern, damit Familie und Beruf echt vereinbar werden.
Unten findet ihr Anlaufstellen, die Hilfe für viele Herausforderungen bieten. Die Experten dort helfen euch, wenn ihr ohne Kita-Platz seid oder Hilfe bei den monatlichen Gebühren benötigt.
Hier gibt’s Hilfe:
- Amt für Kinder, Jugendliche und Familien in Münster
Hier können Sie Informationen und Unterstützung zu familienrelevanten Themen wie Kinderzuschlag und Betreuungsfragen erhalten.Adresse: Stadthaus 2, Ludgeriplatz 4, 48151 Münster
Telefon: 0251 4923636
Website: stadt-muenster.de - Caritas Münster – Familienhilfe
Die Caritas bietet umfassende Beratung und Unterstützung für Familien, z. B. bei der Bewältigung von Erziehungsproblemen oder Krisen, und hilft bei der Kommunikation mit Ämtern.Adresse: Josefstraße 2, 48151 Münster
Telefon: 0251 89012-0
Website: caritas-ms.de - Jobcenter Münster
Das Jobcenter unterstützt unter anderem Familien mit geringem Einkommen durch verschiedene Leistungen wie den Kinderzuschlag.Adresse: Hafenstraße 8, 48155 Münster
Telefon: 0251 695-1010
Website: jobcenter-muenster.de - Amt für Wohnungswesen und Quartiersentwicklung
Hier können Familien Wohngeld und Wohnberechtigungsscheine beantragen, um die finanzielle Belastung durch Wohnkosten zu senken.Adresse: Bahnhofstraße 8-10, 48143 Münster
Telefon: 0251 4926402
Website: stadt-muenster.de - Kindertagespflege finden
Keinen Kitaplatz bekommen und jetzt? Ein bundesweites Serviceportal für Eltern in dem über freie Stellen, Orte und Pflegeperson selbst informiert wird.Website: kindertagespflege-finden.de